Wasser - so viel Mehr als H2O

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  • Ein wenig Lektüre zum Thema Aquarienchemie
    Vorwort

    Als Aquarianer hat man scheinbar die Qual der Wahl, wenn es darum geht sich einen neuen Fischbesatz auszusuchen. Doch oftmals genügt ein Blick in die Fachliteratur, um festzustellen, dass der ausgewählte Besatz unterschiedliche Ansprüche an das Wasser stellt. Viele ignorieren diese Ansprüche und pflegen die Fische trotz suboptimaler Bedingungen. Andere achten sehr genau auf die Qualität ihres Aquarienwassers. Doch welche Philosophie ist die richtige? Was genau sagen die ganzen Wasserparameter aus? Und vor allem; wofür braucht man sie? Welchen Einfluss haben diese ganzen Stoffe auf die Organismen, die in unseren Aquarien leben? Es ist schwierig sich jeden einzelnen Parameter vorzuknüpfen und eine kleine Definition für jeden von ihnen aufzustellen. Alles wirkt ineinander. Auch ein Aquarium ist ein Ökosystem. Es ist zwar vielleicht ein instabiles Ökosystem, welches auf das Eingreifen des Menschen angewiesen ist, aber es ist ein Ökosystem, in dem bestimmte biochemische Prozesse stattfinden. Und genau so muss man das Thema auch behandeln. Komplexe Vorgänge müssen tiefgründig erläutert werden.

    Säure-Base Haushalt

    Autoprotolyse des Wassers

    Als Protolyse bezeichnet man Reaktionen, bei denen ein Wasserstoff-Proton zwischen zwei Stoffen übertragen wird. Als Autoprotolyse bezeichnet man eine Reaktion, wenn ein Wasserstoff-Proton zwischen zwei gleichen Molekülen, also dem selben Stoff, übertragen wird.Wasser reagiert also mit Wasser und das sieht wie folgt aus:

    H2O + H2O <----> H3O+ + OH-

    Wenn zwei Wassermoleküle miteinander reagieren, entsteht ein positiv geladenes Molekül und ein negativ geladenes Molekül. Das Oxonium-Ion (H3O+) ist positiv geladen, während das Hydroxid-Ion (OH-) negativ geladen ist.
    Die Autoprotolyse des Wassers ist eine Säure-Base Reaktion. Ein Wassermolekül reagiert als Base während das andere Wassermolekül als Säure reagiert. Das Wassermolekül, welches als Säure Dient, gibt eines seiner Wasserstoff-Protonen ab und ist somit der Protonendonator.

    Das andere Wassermolekül nimmt dieses Wasserstoff-Proton auf und reagiert als Base, genauer gesagt als Protonenakzeptor.Wasser kann also sowohl als Säure, als auch als Base reagieren. Stoffe, die Protonendonator und Protonenakzeptor zugleich sind, nennt man Ampholyte.Selbst destilliertes Wasser, also „reines H2O“, besteht neben H2O auch noch aus H3O+ und OH-.

    Der pH Wert

    Der pH Wert ist der negative dekadische Logarithmus der Oxonium-Ionen Konzentration. Mathematisch ausgedrückt sieht das ganze so aus:-log10(c(H3O+))Die Konzentration an H3O+ in Gewässern ist ziemlich gering. Wenn man eine H3O+ Konzentration von 0,000000045 mol/L hat, kann man den pH Wert ganz einfach mit der obigen Formel ausrechnen.

    -log10(0,000000045) = 7,35

    Es ist natürlich sehr viel einfacher und praktischer mit einer Zahl wie 7,35 zu arbeiten, als mit einer Zahl, die nach dem Komma sieben Nullen hat. Der pH Wert ist also nichts anderes als eine vereinfachte Schreibweise der Oxoniumionen Konzentration.Die Konzentration der H3O+ Moleküle gibt an, wie sauer eine Lösung oder ein Stoff ist. Je höher die Konzentration, desto geringer der pH Wert.



    Der pOH Wert

    Der Gegenspieler vom pH Wert ist der pOH Wert. Der pOH Wert gibt die Konzentration der Hydroxid-Ionen an (OH-).



    Das Ionenprodukt des Wassers

    Kommen wir noch einmal auf die Autoprotolyse des Wassers zurück. Hier reagieren zwei Wassermoleküle zu einem Oxoniumion (H3O+) und einem Hydroxid-Ion (OH-).

    H2O + H2O --> H3O+ + OH-

    Die beiden Pfeile zwischen den Edukten (links) und den Produkten (rechts) zeigen, dass die Reaktion in beide Richtungen verlaufen kann.

    H3O+ ist eine Säure, kann also ein H+ abgeben. OH- ist eine Base und somit ein Protonenakzeptor.

    H3O+ + OH- --> H2O + H2O

    Das Ionenprodukt des Wassers ist das Produkt aller im Wasser gelösten Ionen. Ionen sind positiv oder negativ geladene Teilchen.

    KW = c(H3O+) x c(OH-)

    Der KW ist die Konstante des Wassers. Die Menge an Wasser bleibt nämlich mehr oder weniger konstant. Die Konzentrationen von OH- und H3O+ im Wasser sind so gering, dass die Konzentration des Wassers nur minimal verändert wird. Der KW ist deshalb immer 14.

    Nun kann man die Formel umschreiben: 14 = pH + pOH

    Hat man also einen pH Wert von 9, so hat man einen pOH Wert von 5. Bei einem pOH Wert von 3, hat man folglich einen pH Wert von 11. Man kann also mit einem Wert beide Konzentrationen gleichzeitig angeben. Man hat sich darauf geeinigt hauptsächlich den pH Wert zu nutzen. Der pOH Wert rückt daher in den Hintergrund, auch wenn er von großer Bedeutung ist.



    Bei einem pH Wert <7 sind mehr H3O+ vorhanden. Es sind also mehr Teilchen vorhanden, die als Säure reagieren. Eine Lösung ist deswegen sauer, wenn der pH Wert kleiner als 7 ist.
    Bei einem pH Wert 7< sind überwiegend Hydroxidionen vorhanden, die als Base reagieren. Ein solches Milieu ist daher basisch, beziehungsweise alkalisch.
    Bei einem pH Wert von 7 ergibt sich folgende Gleichung:

    14 = 7 + 7
    Oder:
    10-14 = 10-7 x 10-7

    Es gilt: c(H3O+) = c(OH-)Bei einem pH Wert von 7 hat man also genau so viel Säure wie Base, diesen Zustand nennt man neutral.
    Destilliertes Wasser ist also neutral, auch wenn durch die Autoprotolyse des Wassers H3O+ und OH- entsteht. Die Konzentrationen bleiben im Verhältnis 1:1.

    Das Karbonat-Puffersystem des Wassers

    In der Natur kommen viele Säuren und auch Basen vor. Auch in Gewässer gelangen Säuren und Basen. Der tropische Regenwald in Südamerika ist ziemlich dicht bewachsen mit einer Vielzahl von Pflanzen. Abgestorbene Blätter fallen auf den Waldboden, oder in ein Gewässer. Dort wird das tote organische Material abgebaut. Dabei entstehen Humin- und Fulvosäuren. Dies sind langkettige Moleküle, die aus Wasserstoffatomen, Sauerstoffatomen, Kohlenstoffatomen, Schwefelatomen, Stickstoffatomen und Phosphoratomen bestehen.

    Reagieren diese organischen Säuren mit Wasser, entstehen Oxonium-Ionen (H3O+), sodass der pH Wert rapide ansteigen würde. Um starke Schwankungen des pH-Wertes zu vermeiden, gibt es ein Puffersystem.

    Zum Karbonat-Puffersystem gehören die gelöste Kohlensäure, die Hydrogencarbonat-Ionen und die Carbonat-Ionen.

    Kohlensäure ist eine instabile Molekularverbindung und dissoziiert deswegen zu Kohlendioxid und Wasser.

    H2CO3 --> H2O + CO2

    Es entsteht die gelöste Kohlensäure, also Wasser und Kohlendioxid.
    Wasser kann mit dieser gelösten Kohlensäure reagieren:

    2H2O + CO2 <----> H3O+ + HCO3-

    Das Hydrogencarbonat (HCO3-) welches dabei entsteht, kann ebenfalls mit Wasser reagieren:

    H2O + HCO3- <----> H3O+ + CO32-

    Auch hier zeigen die Reaktionspfeile wieder in beide Richtungen. Steigt der pH Wert, sinkt die Konzentration der H3O+ und es werden H3O+ abgegeben. Sinkt der pH Wert, steigt die Konzentration der H3O+ und es werden welche aufgenommen.



    Hydrogencarbonat ist, wie auch beispielsweise Wasser, ein Ampholyt. Wenn es ein Wasserstoffproton aufnimmt, reagiert es zu gelöster Kohlensäure und wenn es ein Wasserstoffproton abgibt, reagiert es zu Carbonat.
    In Gewässern mit niedrigem pH Wert, ist vor allem die gelöste Kohlensäure enthalten. Carbonat ist in sauren Gewässern fast kaum vorhanden, da dieses bereits zu Hydrogencarbonat reagierte. Das Hydrogencarbonat hat ebenfalls schon einige Wasserstoffprotonen aufgenommen.
    In Gewässern, die einen pH Wert um 7 haben, also mehr oder weniger neutral sind, ist die Konzentration an Hydrogencarbonat am größten. Es können Wasserstoffprotonen aufgenommen, aber auch abgegeben werden.In alkalischen Gewässern ist vor allem Carbonat enthalten. Die vielen OH- Ionen reagieren mit den wenigen H3O+ Ionen.



    Die Menge der Hydrogencarbonat-Ionen gibt die Karbonathärte an. Hydrogencarbonat-Ionen benötigen jedoch einen Partner. Doch dazu später mehr im Kapitel „Gesamthärte“.


    Der Kohlenstoffkreislauf

    Das Puffersystem des Wassers besteht aus kohlenstoffhaltigen Molekülen. Und diese kohlenstoffhaltigen Moleküle spielen im Kohlenstoffkreislauf eine wichtige Rolle.



    Der Kohlenstoffkreislauf besteht aus verschiedenen Stoffpools. Die Kohlenstoffverbindungen werden dabei in verschiedene Gruppen unterteilt, nach zwei Kriterien. Ein Kriterium ist, ob die Kohlenstoffverbindung organisch oder anorganisch ist. Das zweite Kriterium unterteilt gelöste und partikuläre Kohlenstoffverbindungen.

    DIC:

    Der DIC Stoffpool gibt die Gesamtmenge aller gelösten anorganischen Kohlenstoffverbindungen an (DIC= „dissolved inorganic carbon). Hierzu gehören Kohlendioxid (CO2), Hydrogencarbonat (HCO3-), Carbonat (CO32-), Methan (CH4) und weitere.

    POC:

    POC steht für „particular organic carbon“, und gibt somit die Gesamtmenge des partikulären organischen Kohlenstoffs an. Hierzu gehören die Kohlenstoffverbindungen in den einzelnen Organismen. Proteine beispielsweise besitzen eine Carboxylgruppe (COOH).

    DOC:

    Gelöster organischer Kohlenstoff besteht vor allem aus gelösten Kohlenstoffverbindungen, die an einen Organismus gebunden sind. Vor allem an Bakterien gebundene Kohlenstoffverbindungen, welche von Destruenten abgebaut werden, gehören hierzu.

    Das Zusammenspiel

    Wie bereits in dem Schema zu erkennen ist, interagieren die jeweiligen Arten der Kohlenstoffverbindungen miteinander.
    Zwischen Der Wasseroberfläche und der Luft findet ein Gasaustausch statt. CO2 wird über die Wasseroberfläche sowohl aufgenommen, als auch abgegeben. Das im Wasser befindliche CO2 wird von Produzenten (Pflanzen) aufgenommen, damit diese Fotosynthese betreiben und Kohlenhydrate produzieren können. Das CO2 aus dem DIC Stoffpool gelangt somit in den POC Stoffpool. Nachts produzieren Pflanzen allerdings selbst CO2 und speisen den DIC Stoffpool somit wieder. Pflanzen dienen den Konsumenten (Tieren) als Nahrung. Durch Nahrungsketten werden Kohlenstoffverbindungen unter den einzelnen Organismen ausgetauscht. Konsumenten betreiben Atmung und produzieren dabei Kohlendioxid.
    Lebende Organismen sterben irgendwann. Totes Pflanzenmaterial zerfällt zu Detritus. Detritus sind kleine nicht lebende Partikel. Detritus wird von Destruenten (Zersetzern wie Pilze, Bakterien, etc.) aufgenommen und verstoffwechselt. Im Sediment können Mikroorganismen Kohlenstoffverbindung unter anaeroben Zuständen zu Methan umwandeln.

    CO2 + 4H+ --> CH4 + 2H2O

    Der PIC Stoffpool wird von der biogenen Entkalkung beeinflusst. Bei der biogenen Kalkfällung nutzen die Pflanzen Calciumhydrogencarbonat, da kein CO2 mehr zur Verfügung steht.

    Ca(HCO3)2 --> CaCO3 + H2O + CO2

    Das dabei entstehende Kohlendioxid nutzt die Pflanze nun zur Fotosynthese. Das Calciumcarbonat lagert sich als Kalkkruste auf den Blättern der Pflanze ab. Der Kalk ist also partikulär vorhanden, ist aber nicht organisch.
    Zum PIC Stoffpool („particular inorganic carbon“) gehören auch Schneckenhäuser und andere Kalkaufbauten, die Organismen zum Schutz nutzen. Stirbt das Tier, beispielsweise eine Schnecke, so bleibt lediglich das anorganische Schneckenhaus zurück und sedimentiert.Durch Exkretion und den Zerfall organischen Materials wird der DOC Stoffpool gespeist. Bakterien nehmen dieses organische Material auf und bauen es ab.
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