Filterplauderthead - wie finde ich zum richtigen Konzept

      Moin zusammen...

      Ich möchte nochmal nachfassen, denn ich denke es besteht noch kein klares Bild von den Komplikationen, die ich im Zusammenhang mit einer ungünstigen Filtersituation sehe.

      Die Betrachtung bewegt sich vielleicht eher im Luxusbereich, denn in den allermeisten Fällen funktioniert der Filter oder auch das System ohne Filter ganz gut. Das Wasser ist klar, soweit ausreichend mit Sauerstoff gesättigt, scheint ja alles in Butter zu sein. Solche Ensembles laufen auch unter Umständen erstaunlich lange, bis eben zu dem Tag, an dem das System kippt. Das bringt einen merklichen Effekt mit sich, die Tiere geraten in eine Krise, nicht selten gibt es einige Verluste.
      Was passiert in der Zwischenzeit?
      Da ist es nicht so, dass die Tiere plötzlich umkippen, wie bei einer Nitritvergiftung. Nein es ist eher schleichend, man findet Tiere, die immer wieder weiße Beläge an den Flossen haben, die auch wieder verschwinden, aber immer mal wiederkehren. Oder es sind die Panzerwelse, die ihre Barteln verlieren, nicht wachsen, komisch im Wasser hängen, als könnten sie nicht abtauchen. Wiederkehrende Rötungen und eben auch solche Sachen, dass ein Schwächeparasit immer wieder aufpoppt, ohne richtig virulent zu werden. Weiter kommt es vor, dass alle paar Wochen ein Fisch eingeht, ohne dass er seine Lebenserwartung erreicht hätte und ohne dass man eine bestimmte Erkrankung dem Tier hätte zuweisen können. Sie sind nicht krank, aber stehen tun sie auch nicht.
      Stärkere Symptome sind blutunterlaufene Nasen, Kopfsteher bei den Diskus, Glotzaugen, oder Bauchwassersucht. Da ist schon eher richtig der Gilb drin, aber es ist für den Aquarianer unheimlich schwer auszumachen, wo das Problem liegt.
      Natürlich liegt das Problem im Immunsystem begründet, denn dieses ist das Organsystem, dass alle mehrzelligen Lebewesen vor der Verdauung durch Bakterien schützt, solange es funktioniert.

      Hier treten zwei Aspekte in den Fokus. Einerseits hat das Immunsystem eine Belastungsgrenze, wir kennen das wenn davon gesprochen wird, dass z.B. eine bestimmte Viruslast nicht für eine Infektion ausreicht, die Menschen, die wenige Viren abbekommen werden nicht krank. Warum ist das so? Das Immunsystem wird mit so einer Geringinfektion einfach fertig. Ein "Superspeader" hingegen überflutet das Gegenüber mit einer erregerzahl, die er nicht mehr bewältigen kann und er wird krank. Das passiert auch, wenn kein Defizit in der Reaktionsfähigkeit des Immunsystems vorliegt.

      Wie sieht es aber aus, wenn die Umweltfaktoren die Immunlage schwächen? Zum Beispiel bei Fischen, die in einem Milieu schwimmen, dass die Sauerstoffversorgung der Gewebe beeinträchtigt? Alle Gewebe im Fisch sind sauerstoffabhängig. Wenn man sich mal mit der aquatischen Atmung befasst hat wird schnell klar, wie schwer das Atmen im Wasser eigentlich ist. Das Medium ist im Vergleich mit Luft so viel schwerer zu ventilieren, es ist einfach harte physische Arbeit, die dieses viskose Zeug durch die Kiemen zu pumpen, viele Fische brauchen dafür ein Drittel ihres Energieumsatzes. Dazu kommt noch eine geringe Löslichkeit des Sauerstoffs im Wasser, die auch noch deutlich temperaturabhängig ist. Das bedeutet, dass der Sauerstoff im Wasser eine ziemlich limitierende Größe ist, die für die Fischgesundheit relevant ist.

      Kommen wir noch mal auf die Redoxsituation in Filter und Boden zu sprechen.
      Kommt aus dem Filter ein stark reduziertes sauerstoffarmes Wasser mit reduzierten Stoffen, so werden die Bakterienpopulationen im Aquarium diese Stoffe umsetzen und dem Wasser dabei Sauerstoff entziehen.

      Ist der Bodengrund mit Mulm zu, der nicht mehr umspült werden kann, entsteht eine sauerstoffarme Zone, in der durch Anaerobier Stoffe reduziert werden (leider wird dort nicht alles Nitrat zu elementarem Stickstoff). In der Grenzschicht zu dem anaeroben Bereich sitzen dann wieder Bakterien, die diese Stoffe mit Sauerstoff oxidieren, den sie dem Wasser entziehen.

      Bodengrund.jpg

      Je mehr "Unrat" sich im Bodengrund angesammelt hat und je mehr die Anaerobier zu futtern bekommen, je mehr Substrat gelangt zu den darüberliegenden Populationen an Bakterien, die ihren Sauerstoffbedarf aus dem Wasser beziehen.

      Wir haben also im ungünstigen Fall zwei Installationen, die dem Wasser permanent Sauerstoff entziehen, und man kann sich vorstellen, welche Entlastung die Fische erfahren, wenn der Bodengrund durchspült ist und die wenigen Substrate gleich oxidativ verarbeitet werden können. Dazu muss man freilich "mulmen" :)


      Das sind die Beobachtungen, die ich über die Jahre gesammelt habe und von denen ich denke, dass sie mit einem guten Pflegeplan vermeidbar sein können. Jeder Filter arbeitet gut, solange er arbeiten kann :)

      Neben der Filterung gibt es einige Möglichkeiten den Keimdruck zu senken, nur habe ich persönlich auch Becken ohne irgendeinen technischen Krams laufen gehabt, die die Tiere wirklich gut beherbergt haben.

      Von daher nehme ich gerne auch einen UV-C-Klärer, oder eine Ozon-Anlage, aber ehrlich gesagt brauche ich dieses Ding doch nur, wenn an einer anderen Stelle eine prekäre Keimsituation entsteht, die ich dann technisch wieder korrigiere. Wäre es nicht faszinierend, wenn diese Situation erst gar nicht auftritt?

      Ich habe meine Diskuszucht seinerzeit komplett ohne UV-C laufen lassen, das Einzige auf was ich geachtet hatte war der Leitwert, der pH und das Nitrat. Selbstverständlich hat es zu keiner Zeit Nitrit gegeben. Ich kann sagen, dass ich auch mit diesen durchaus empfindlichen Tieren zu keiner Zeit ein bakterielles Problem hatte, weder Löcher (das hatte zusätzlich futtermäßig im Griff), noch irgendeinen Einzeller, der mich geärgert hätte.

      Mein Filterkonzept war sicher auch überdimensioniert, geschadet hat es aber unter diesem Setting nicht. Schöne Restwoche!
      Es grüßt die Teufelsangel `ö´

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Teufelsangel“ ()

      Moinsen Magnus,
      habe hier bisher immer mit gelesen und artig die Ratschläge befolgt.
      Zuerst den Filter gereinigt, 3 Tage später einen größeren WW gemacht, da ich immer noch viele Schwebeteile hatte, da habe ich mich an eine uralte Anschaffung erinnert: Gravel-Power-Cleaner.
      Das Ding also wieder ausgegraben und damit sauge ich nun regelmässig den losen Mulm ab, das funktioniert elektrisch und das Wasser läuft durch einen Filterstrumpf zurück ins Becken. Hat eine Menge gebracht, noch ist zwar etwas Schmodder da, grade nach dem WW beim Wassereinlauf wird viel aus den Wurzeln von Javafarn und Anubias gespült, aber dann fang ich wieder mit dem Elektrosauger an und gut.
      Vielen lieben Dank für diesen tollen TRÖT...
      Liebe Grüße aus dem Norden
      Maggi :howlwink:
      Moinsen,

      Teufelsangel schrieb:


      Gleiches geschieht auch in den Mockerecken, in denen Bakterien in Bereichen mit geringem Sauerstoffgehalt Stoffe reduzieren. Sie entziehen sekundär dem System Sauerstoff, das Redoxpotenzial sinkt. Gut belüfteter Mulm hingegen ist biologisch positiv aktiv, in Kläranlagen wird der Schlamm in Schwebe gehalten, um Sedimente mit Sauerstoffmangel zu verhindern.

      Magnus,
      manche Filterbecken werden ja auch belüftet. Ich hatte seinerzeit etwas herumgeschaut und mich dagegen entschieden, weil ich den Filter am Ende anaerob haben wollte, um wenigstens eine kleine Chance auf ein Zehren des Nitrats zu haben, Andere lösen das auch mit Bypass - aber wenn man den Wasserstrom - wie ihr auch von den Diffusionsfiltern berichtet - unterbricht, dann entstehen unweigerlich unterschiedliche Bereiche.
      Ich arbeite aber weiter dran, wenn ich denn wirklich mal das Filterbecken angehe - es steht ja maximal versteckt...

      THOR schrieb:


      Vielleicht is auch das etwas, mit dem Fische ganz gut zurecht kommen oder das vielleicht sogar gut für die Fische ist. (ich bin generell ein Fan und Verfechter von "Finger so wenig wie möglich im Becken und Wasserpantscherei mit den Händen im Aquarium vermeiden").

      Ich hatte ja auch länger Töpfe hintereinandergeschaltet. Auch dazu gibt es einen Thread hier. Funktionierte eigentlich ganz gut.
      Einerseits geht es bei der Beurteilung vom Funktionieren des Filterkonzepts um subjektive Wahrnehmung, andererseits um messbare Verbesserungen unter vollständig gleichen Setup-Bedingungen im Vergleich zu vorher. Ich denke nicht, dass viele das so detailliert bearbeiten und häufig Intuition steht. Die muss ja auch nicht falsch sein, aber... manche Aussagen würde ich mir nicht zutrauen.

      Was ich feststelle - und da bin ich bei Tom - dass Becken, die ich etwas habe vermulmlen lassen, nicht mehr zufriedenstellend funktionieren. Beispielsweise mein Asienbecken mit einem kleinen HMF mit grober Matte hinter welchem zwei mittlere Töpfe ansaugen. Ich wollte den Mulm bewusst liegenlassen, um den Cryptocorynen was Gutes zu tun. Mittlerweile sauge ich konsequent 14tägig ab und möchte einen Filtereinlauf als Grobfilter direkt ins Becken hängen. Muss ich endlich mal umsetzen.

      THOR schrieb:

      Teufelsangel schrieb:

      Von daher volle Zustimmung , die Wirkung im Bodengrund kann nicht genug beachtet werden!
      :) wieder ein Satz, wo ich einen kurzen eigenen Satz dazuschmeissen kann

      Du hast ja sogar ein Becken mit diesem Bodengrundfilter in Betrieb, oder? Ansaugen über den ganzen Boden. Den müsste ich mal heraussuchen und nochmal lesen. Alsdo hast du nicht nur einen Satz dazugeschmissen sondern wars Vorreiter :)

      Ehrlich gesagt: Man liest dich selten. Wenn Corona rum ist, laden wir uns mal in deinen Garten ein und machen eine Grillfeier. Das wollten wir eh schon lange bei einem Mann der Futter herstellt... anderes Thema.
      "Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung derer, die die Welt nie angeschaut haben."
      Alexander von Humboldt
      Phil, Phil, Phil... 8) was du wirklich gut beherrscht, ist, anderen Beiträge aus dem Ärmel zu leiern und zu Antworten zu zwingen .. ;)

      pilsen schrieb:

      Ich denke nicht, dass viele das so detailliert bearbeiten
      stimme dir absolut zu-wenn ich von Problemen und unerklärlichen Fischsterben lese, vielschichtige durchwegs fundierte Lösungsansätze von etablierten Aquarianern dazu lese und dann immer Antworten dazu lese, die grob gesagt als (nicht zitierten) Inhalt "hab ich eh; mach ich eh; is bei mir nicht so; aber ich mach doch...; und gleichlautend undsoweiter, lese und dann am Ende kommt dann halt doch raus, dass die Leute nicht mal ihre Wasserwerte kennen oder doch im hinteren Eck 10cm Mulm rumliegen haben und nur nicht gscheit nachschaun - also ihr Becken offensichtlich nicht mal genau kennen oder beobachten, dann ist das der Beweis für deine oben genannte These und ich kann dir nur beipflichten.
      Ich behaupte aber mal, dass viele der sogenannten alten Haudegen ihre Wasserwerte mindestens bis 10 Jahre zurück genau auswendig kennen (ich zähl mich da beispielsweise dazu, so wie ich auch Magnus, Dieter, Swen, Hannes, Benni dazu zählen würde und zwei, drei mehr, die das Aufgrund ihres unfassbaren Wissensschatzes einfach fast exakt wissen werden, wie unseren Lennart. (und ich hab jetzt sicher noch einige vergessen, sorry dafür an die Vergessenen, is so wie bei einer Oscar-Rede ... ^^

      pilsen schrieb:

      manche Aussagen würde ich mir nicht zutrauen.
      ich würd hier die ungefähr gleiche Antwort wie oben geben, mit dem Zusatz, dass ich dir da Recht gebe, wenn in einem Becken zB. der Besatz ständig in (dafür) relevantem Ausmaß wechselt. Das kann dann auch nur ein oder zwei Fische sein, wenns bekanntermaßen Dreckschleudern sind, ein Panaque zB oder auch nur ein Paar großer Cichliden. Laß ich aber, wie ich immer befürworte, meinen Besatz im Becken über lange Jahre sinngemäß "gleich", traue ich mir schon zu, auch nur kleine Veränderungen zu bemerken und entsprechende Behauptungen zu tätigen. Und ich glaube auch absolut, dass das gerade beim Filter(n) sofort an den Fischen bemerkbar ist (unter der oben erwähnten Voraussetzung), ob was besser oder schlechter is, was ja dann zwingend mit den Wasserwerten zusammenhängt. - siehe auch obere Antwort zum ersten Absatz.

      pilsen schrieb:

      Alsdo hast du nicht nur einen Satz dazugeschmissen sondern wars Vorreiter
      tjo ... also dass ich Vorreiter bei Bodenfiltern war, verneine ich jetz mal kategorisch :D aber dass ich gern Sachen in Frage stelle und quasi wieder aus der Vergangenheit rauskrame und neu "abhandle" und durch Zusatz von Modernem sich dann vielleicht wieder als durchaus funktional und gut erweisen, die als antiquiert gelten und deswegen nicht mehr so bekannt sind, das mag stimmen. Damit eckt man ja auch gerne mal bei eingefahrenen Trantüten an, was ich ja dann doch mehr als oft gemacht hab, wie hier Einige eh wissen .. :00008084:

      pilsen schrieb:

      Ehrlich gesagt: Man liest dich selten
      sagt der, der nur zu Ferienzeiten Zeit zu posten hat ;) ..
      du liest in den falschen Threads. Lies erstmal alle Threads, auch die, die dich nicht interessieren, wie du schon öfters geschrieben hast, dann wirst du mich auch mehr lesen ^^ und schreib du mal 2300 Beiträge mehr, dann bist du mit mir auf Augenhöhe :D und (als ernstgemeinte Antwort): ich verlaufe mich nicht mehr in unendlichen Sinnlosdiskussionen. Wenn wer was fragt und dann kommt auf eine Antwort meinerseits sowas raus, wie oben in Absatz 1 beschrieben, oder ein ich kenne meine Wasserwerte gar nicht oder nach der Antwort, für die man sich extra den Kopf zerbricht, steht (dann erst) da, "is eh nicht mehr aktuell, ich mach jetz ganz was anderes", dann schreib ich halt nicht mehr weiter und verfolge den Thread auch nicht mehr. Ich selektiere somit deutlich im Vergleich zu früher, was meine Kommentare eben seltener macht (womit du dann also doch Recht hast ;) )

      Thema Bodenfilterung dennoch, um wenigstens einen Hauch von nicht OffTopic zu schreiben: Eine Bodenfilterung erfordert wesentliche und wirklich exakte Vorarbeiten und Zusatzarbeiten/Anforderungen, damit er gut funktioniert und ist schon Beckengrößen-technisch beschränkt. Als zusätzliche Unterstützung und Beseitigung gewisser Problemquellen kann ich mir das Konzept aber auch bei größeren Becken gut vorstellen.