Moin,
nachdem ich in den letzten drei Monaten hauptsächlich die Nase in die Bücher gesteckt habe (sowohl in der Uni, als auch außerhalb) melde ich mich mal wieder zu Wort.
Dass dieses Forum hier relativ Verkäufer-freundlich ist und gewissen Firmen als Plattform fungiert, ist nichts neues. Prinzipiell sehe ich darin auch nichts verwerfliches. Allerdings findet man in der Suchfunktion zum Thema "Genzel" ganze 16 Seiten (!).
Die Wirkung von Salzen als Pharmazeutika hat mich neugierig gemacht. So kam es, dass ich mich in der vergangenen Zeit mit einem neuen Thema beschäftigt habe.
Und nun muss ich feststellen, dass diese angebliche Wirkung der Genzel-Salze völliger Hoax ist.
Ich zitiere mal aus Herrn Genzels Online-Shop:
Die These werde ich im folgenden falsifizieren.
Woher kommt es, dass die Tiere sich kaum noch bewegen und keine Reaktion mehr zeigen? Nun, Pathogene kosten Energie. Insbesondere Parasitoide leben auf Kosten des Wirts und zehren von dessen Energie.
Langsamere Reaktionszeiten und Muskelschwäche kann man auch bei Grippe-Patienten mit 40°C beobachten. Das liegt allerdings nicht an einem schlechteren Membranpotential an den Axonen, sondern daran, dass der Körper vorrangig damit beschäftigt ist den Erreger zu bekämpfen.
Schauen wir uns mal ein Aktionspotential an;
Aktionspotential MGM.png
Die Reizweiterleitung ist binär. Es gibt nur Ja oder Nein, bzw. Aktionspotential wird ausgelöst/wird nicht ausgelöst. Ein Aktionspotential entsteht durch einen Einstrom von Natrium-Ionen. Nun muss das Natrium aus der Zelle wieder hinaus. Nach dem Einstrom von Natrium in die Nervenzelle, ist die Konzentration von Natrium zwischen intra- und extrazellulärem Raum etwa isoton. Nun bauen die Natrium-Kalium-Ionenpumpen wieder einen chemischen Gradienten von Natrium auf.
Herr Genzel geht davon aus, dass bei der Diskusseuche (und anderen Pathogenen?) diese Ionenpumpen inhibiert werden. Der Nutzen klingt recht plausibel. Wird die Nozizeption blockiert, reagiert der Fisch nicht entsprechend. Denn Schmerz entsteht zu allererst im Gehirn, nachdem durch afferente Bahnen Aktionspotentiale an das ZNS geschickt werden. Erst durch efferente Bahnen entsteht der Schmerz in der jeweiligen Region.
Doch was bewirken Ionen wie Natrium- und Kalium-Kationen, wenn sie im extrazellulären Bereich ankommen würden? Richtig, nichts. Eine höhere Natrium-Ionen Konzentration im extrazellulären Bereich würde den Natrium-Gradienten über der Membran nur verstärken. Und der eh schon aktive Carrier-Transport wäre energetisch noch ungünstiger.
Durch eine Erhöhung irgendeiner Ionen-Konzentration wird die angebliche Inhibition der Ionenpumpen sowieso nicht aufgehoben.
Allerdings sehen die Genzel-Salze die Axone sowieso nicht, denn da gibt es immerhin noch die Osmoregulation.
Wenn Salze einfach so in den Körper eindringen könnten, dann hätten wir ein Problem. Denn der Ionen-Haushalt will gut kontrolliert sein.
Osmoregulation findet auf verschiedenen Ebenen statt. Das Kiemenepithel und die Nieren sind hier zwar eigentlich zuerst zu erwähnen, aber wichtiger ist in diesem Zusammenhang die Fischschleimhaut. Die äußere Schleimhaut eines Fisches, auch Mukus genannt, hat vielseitige Aufgaben. Einerseits hat der Mukus einen geringeren Reibungswiderstand im Wasser. Zudem erfüllt er osmoregulatorische Zwecke und dient der unspezifischen Immunabwehr.
Mukus besteht aus Glykoproteinen und zu 95% aus Wasser. Im Mukus wurden außerdem Enzyme wie Proteasen, Phosphatasen und Co. gefunden, welche antibakteriell/antiviral wirken. Auch Phagozyten finden sich im Mukus wieder.
Der osmoregulatorische Effekt der Mukusschicht besteht darin, dass der Mukus die Diffusion erschwert. Dadurch kann weniger Wasser in den Fisch strömen, bzw. hinausströmen (diffundieren). Zudem dienen saure Glykoproteine als Ionentauscher.
Gebildet wird der Mukus von den Becherzellen. Diese werden unter anderem durch das Steroidhormon Cortison angeregt, sodass vermehrt Schleim sekretiert wird.
Ein anderes, dem Cortison sehr nah verwandtes, Sterodihormon ist Cortisol. Cortisol spielt zusammen mit Prolactin eine entscheidende Rolle bei diadromen Wanderfischen.
Fische besitzen Osmorezeptoren, die die Ionenverfügbarkeit "messen" und an das ZNS weitergeben. Die erhöhte Salz-Exposition zwingt den Organismus zu einer Anpassung. Stress wird ausgelöst. Stresshormone wie Cortisol und Cortison kommen zum Einsatz. Es wird mehr Mukus gebildet, sodass die Diffusion erschwert wird.
Und genau da setzt Salz an; Der Fisch reagiert auf den höheren Salzgehalt, indem er die Osmoregulation der Schleimhaut verstärkt. Gleichzeitig sorgt eine vermehrte Sekretion von Mukus für mehr Enzyme und Abwehr-Zellen auf der Haut. Somit haben Ektoparasiten es schwerer sich auf der Fischhaut niederzulassen. Die vermehrte Mukus-Sekretion kann sogar zum "Abschleimen" führen, wodurch sich die Schleimhaut einmal regeneriert.
Wer also Ektoparasiten loswerden möchte, der kann mit gutem Gewissen zum normalen Kochsalz greifen, statt für viel Geld irgendwelche "Ultra Spezial Salze" zu kaufen.
nachdem ich in den letzten drei Monaten hauptsächlich die Nase in die Bücher gesteckt habe (sowohl in der Uni, als auch außerhalb) melde ich mich mal wieder zu Wort.
Dass dieses Forum hier relativ Verkäufer-freundlich ist und gewissen Firmen als Plattform fungiert, ist nichts neues. Prinzipiell sehe ich darin auch nichts verwerfliches. Allerdings findet man in der Suchfunktion zum Thema "Genzel" ganze 16 Seiten (!).
Die Wirkung von Salzen als Pharmazeutika hat mich neugierig gemacht. So kam es, dass ich mich in der vergangenen Zeit mit einem neuen Thema beschäftigt habe.
Und nun muss ich feststellen, dass diese angebliche Wirkung der Genzel-Salze völliger Hoax ist.
Ich zitiere mal aus Herrn Genzels Online-Shop:
Folgende These wird aufgestellt:
Wir beobachteten bei der Diskusseuche in mehreren Anlagen immer wieder, dass der Krankheitsverlauf sehr kurz ist, dass hell-dunkel-Färbungen auftraten und dass der Erreger weder diagnostizierbar war, noch therapiert werden konnte. Ausgegangen wurde von einer massiven Störung des Axonpotentials (der Reizweiterleitungskanäle im Tierkörper).
Man kann sich dies wie folgt (vereinfacht dargestellt) vorstellen:
Wenn wir uns mit einer Nadel in den Finger stechen, dann spüren wir die Weiterleitung dieses Schmerzes nicht im Arm, sondern er wird direkt ans Gehirn als Schmerz übermittelt. Dies geschieht durch minimale Entladungen der Nervenbahnen derart, dass innerhalb des Axons Natrium gegen Kalium ausgetauscht wird. Nachdem der Reiz weitergeleitet wurde, sorgen Natrium-Kalium-Pumpen dafür, dass eine Ladungsspannung wieder entsteht.Wir sind davon ausgegangen, dass durch den Befall von mehreren Parasiten genau diese Pumpen inhibiert werden und letztendlich zur sog. Diskusseuche führen. Also glichen wir durch spezielle Salze diese Ionenverhältnisse im Wasser an und "et voila", die Diskusseuche tritt nicht mehr auf. Dies mag natürlich nicht heissen, dass die Erreger in irgendeiner Form beeinträchtigt sind, nein, denen geht es gut, unseren Fischen aber auch!
Die These werde ich im folgenden falsifizieren.
Woher kommt es, dass die Tiere sich kaum noch bewegen und keine Reaktion mehr zeigen? Nun, Pathogene kosten Energie. Insbesondere Parasitoide leben auf Kosten des Wirts und zehren von dessen Energie.
Langsamere Reaktionszeiten und Muskelschwäche kann man auch bei Grippe-Patienten mit 40°C beobachten. Das liegt allerdings nicht an einem schlechteren Membranpotential an den Axonen, sondern daran, dass der Körper vorrangig damit beschäftigt ist den Erreger zu bekämpfen.
Schauen wir uns mal ein Aktionspotential an;
Aktionspotential MGM.png
Die Reizweiterleitung ist binär. Es gibt nur Ja oder Nein, bzw. Aktionspotential wird ausgelöst/wird nicht ausgelöst. Ein Aktionspotential entsteht durch einen Einstrom von Natrium-Ionen. Nun muss das Natrium aus der Zelle wieder hinaus. Nach dem Einstrom von Natrium in die Nervenzelle, ist die Konzentration von Natrium zwischen intra- und extrazellulärem Raum etwa isoton. Nun bauen die Natrium-Kalium-Ionenpumpen wieder einen chemischen Gradienten von Natrium auf.
Herr Genzel geht davon aus, dass bei der Diskusseuche (und anderen Pathogenen?) diese Ionenpumpen inhibiert werden. Der Nutzen klingt recht plausibel. Wird die Nozizeption blockiert, reagiert der Fisch nicht entsprechend. Denn Schmerz entsteht zu allererst im Gehirn, nachdem durch afferente Bahnen Aktionspotentiale an das ZNS geschickt werden. Erst durch efferente Bahnen entsteht der Schmerz in der jeweiligen Region.
Doch was bewirken Ionen wie Natrium- und Kalium-Kationen, wenn sie im extrazellulären Bereich ankommen würden? Richtig, nichts. Eine höhere Natrium-Ionen Konzentration im extrazellulären Bereich würde den Natrium-Gradienten über der Membran nur verstärken. Und der eh schon aktive Carrier-Transport wäre energetisch noch ungünstiger.
Durch eine Erhöhung irgendeiner Ionen-Konzentration wird die angebliche Inhibition der Ionenpumpen sowieso nicht aufgehoben.
Allerdings sehen die Genzel-Salze die Axone sowieso nicht, denn da gibt es immerhin noch die Osmoregulation.
Wenn Salze einfach so in den Körper eindringen könnten, dann hätten wir ein Problem. Denn der Ionen-Haushalt will gut kontrolliert sein.
Osmoregulation findet auf verschiedenen Ebenen statt. Das Kiemenepithel und die Nieren sind hier zwar eigentlich zuerst zu erwähnen, aber wichtiger ist in diesem Zusammenhang die Fischschleimhaut. Die äußere Schleimhaut eines Fisches, auch Mukus genannt, hat vielseitige Aufgaben. Einerseits hat der Mukus einen geringeren Reibungswiderstand im Wasser. Zudem erfüllt er osmoregulatorische Zwecke und dient der unspezifischen Immunabwehr.
Mukus besteht aus Glykoproteinen und zu 95% aus Wasser. Im Mukus wurden außerdem Enzyme wie Proteasen, Phosphatasen und Co. gefunden, welche antibakteriell/antiviral wirken. Auch Phagozyten finden sich im Mukus wieder.
Der osmoregulatorische Effekt der Mukusschicht besteht darin, dass der Mukus die Diffusion erschwert. Dadurch kann weniger Wasser in den Fisch strömen, bzw. hinausströmen (diffundieren). Zudem dienen saure Glykoproteine als Ionentauscher.
Gebildet wird der Mukus von den Becherzellen. Diese werden unter anderem durch das Steroidhormon Cortison angeregt, sodass vermehrt Schleim sekretiert wird.
Ein anderes, dem Cortison sehr nah verwandtes, Sterodihormon ist Cortisol. Cortisol spielt zusammen mit Prolactin eine entscheidende Rolle bei diadromen Wanderfischen.
Fische besitzen Osmorezeptoren, die die Ionenverfügbarkeit "messen" und an das ZNS weitergeben. Die erhöhte Salz-Exposition zwingt den Organismus zu einer Anpassung. Stress wird ausgelöst. Stresshormone wie Cortisol und Cortison kommen zum Einsatz. Es wird mehr Mukus gebildet, sodass die Diffusion erschwert wird.
Und genau da setzt Salz an; Der Fisch reagiert auf den höheren Salzgehalt, indem er die Osmoregulation der Schleimhaut verstärkt. Gleichzeitig sorgt eine vermehrte Sekretion von Mukus für mehr Enzyme und Abwehr-Zellen auf der Haut. Somit haben Ektoparasiten es schwerer sich auf der Fischhaut niederzulassen. Die vermehrte Mukus-Sekretion kann sogar zum "Abschleimen" führen, wodurch sich die Schleimhaut einmal regeneriert.
Wer also Ektoparasiten loswerden möchte, der kann mit gutem Gewissen zum normalen Kochsalz greifen, statt für viel Geld irgendwelche "Ultra Spezial Salze" zu kaufen.